Konstitution & Miasmen
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Konstitution
Übersetzt bedeutet Konstitution Zusammensetzung",
also das, was das einzelne Individuum ausmacht.
Bereits seit ewigen Zeit wird beobachtet, dass bestimmte körperliche
Formen, Staturen und Bewegungsmuster mit Charakter und Krankheitsanfälligkeit
in scheinbar gesetzmäßiger Weise verbunden sind.
Diese Beobachtungen werden unter dem Begriff Konstitution zusammengefasst.
In der Geschichte der Konstitution gibt es verschiedenste Arten
der Einteilung in Grundtypen oder Reaktionsweisen.
Am bekanntesten sind die Einteilungen von:
Hippokrates und Galen: |
cholerisch, melancholisch, phlegmatisch,
sanguinisch |
Aristoteles: |
leichtblütig, schwerblütig, kaltblütig |
Kretschmer: |
asthenisch, pyknisch, athletisch, dysplastisch |
Grauvogel: |
hydrogenoid, oxygenoid, carbogenoid |
Aschner: |
schmal, breit, mittel |
Jung: |
extrovertiert, introvertiert |
Hahnemann: |
Psora, Sykose, Syphilis |
Ortega: |
Mangel, Überschuss, Entartung |
Dorcsi: |
rot, blass, lymphatisch, lithämisch, destruktiv |
Samuel Hahnemann sah deutlich, dass einige Krankheiten
durch selbst sehr gut ausgewählte Mittel nicht oder nur
kurzfristig zu Heilen waren. Einige Arzneien wirkten besonders
gut bei bestimmten Eigenschaften eines Patienten und so entwickelte
er über viele Jahre für die Behandlung seiner chronisch
kranken Patienten die Miasmenlehre (Psora, Sykose, Syphilis).
Im § 5 des Organon's (= das Grundlagen-Handbuch der Gesetzmäßigen
jedes wirklichen Homöopathen) fordert Hahnemann, dass
als Beihilfe zur Heilung vom Arzt alle Daten der Veranlassung
sowie die bedeutungsvollsten Momente aus der ganzen Krankengeschichte
und dessen Grundursache ausfindig gemacht werden müssen.
Die erkennbare Leibesbeschaffenheit, der geistige Charakter,
die Beschäftigung, Lebensweise und Gewohnheiten, aber
bei ebenso die häuslichen Verhältnisse, Alter und
geschlechtliche Funktion u.v.m. sollen berücksichtigt
werden.
Dorcsi definiert Konstitution als:
Angeborene und erworbene geistige, seelische und körperliche
Verfassung bzw. die Anpassungs- und Regulationsfähigkeit
eines Individuums = das Vermögen an Gesundheit.
Sie zeigt sich laut Dorcsi in körperlichen Merkmalen
(Körperbautypus), Organfunktionen, Laborparametern und
Reaktionen (Reaktionstypus), Charakter, Temperament, Verhalten,
sowie der Neigung zu bestimmten Krankheiten (Konstitutionskrankheiten).
Konstitution ist individuell, weder gesund noch krank und
mit Einschränkung veränderbar (Genotyp, Phänotyp).
Diese Wandelbarkeit macht es möglich, die Konstitution
therapeutisch zu beeinflussen. Auf der Grundlage der Konstitution
erkrankt ein Organismus mehr oder weniger leicht, mit für
dieses Individuum charakteristischen Krankheitssymptomen (siehe
auch Unterseite Veranlagung).
Die Homöopathie sieht das Gesamtbild aller krankhaften
Erscheinungen als Ausdruck einer konstitutionellen Störung.
Auf Grundlage der Konstitution entwickelt ein Lebewesen auch
während einer homöopathischen Arzneimittelprüfung
Arzneisymptome, die genau für dieses Individuum charakteristisch
sind.
Ziel der homöopathischen Konstitutionsbehandlung ist
es nun, ein passendes Arzneimittel (Konstitutionsmittel) zu
finden. Dieses Konstitutionsmittel soll in seinem Arzneimittelbild
größtmögliche Ähnlichkeit mit der angeborenen
und erworbenen, körperlichen und geistig-seelischen Verfassung
(beim Tier Verhaltensweisen), Anpassung und Reaktionsweise
im Organismus aufweisen. Bei guter Beobachtung und einigem
Nachfragen lassen sich diese Charakteristika auch am Tierpatienten
ermitteln.
Mit diesem Konstitutionsmittel kann man natürlich auch
nicht zaubern. Man kann nicht mit ein paar Kügelchen
einen Zwergpinscher in einen Bernhardiner oder ein Zebra in
ein Dressurpony verwandeln, eine Veränderung der seelischen,
geistigen und körperlichen Verfassung des Patienten innerhalb
eines gewissen Rahmens ist jedoch durchaus möglich.
Miasmen
Miasma" (vom griechischen miasma = Makel,
Befleckung, Verunreinigung, unreine Ausdünstung) bedeutet
nach Hahnemann eine durch Ansteckung oder Erbschaft eingeprägte
Grundursache für Krankheit.
Nachdem er mit seiner neuartigen Behandlungsmethode erstaunliche
Erfolge verzeichnen konnte, fiel Hahnemann auf, dass Krankheiten
rezidivieren (= zurückkehren) oder beim gleichen Patienten
neue Leiden auftreten konnten. Er kam nach genauer Analyse
seiner Krankengeschichten darauf, dass gewisse Ur-Übel
für das Auftreten von Krankheiten verantwortlich sind,
die er als Miasmen bezeichnete.
Akute Miasmen können durch die Lebenskraft aus eigener
Leistung überwunden werden, chronische Miasmen sind aber
so beharrlich, dass sie lebenslang zunehmen und ohne Unterstützung
nicht überwunden werden können.
Ihre Krankheitserscheinungen können in Phasen auftreten
oder mit stets verschobenen Symptomen verlaufen.
Die miasmatische Betrachtungsweise chronischer Fälle
und ihre Therapie hat in den letzten Jahren auch beim Tier
an Bedeutung gewonnen.
Für Hahnemann gab es als Grundursachen der Entwicklung
einer chronischen Krankheit die Infektion und die Unterdrückung
von Hautausschlägen oder Sekreten. Heute werden auch
die Vererbung und die Folgen von Umwelteinflüssen hinzugezählt,
die ebenso miasmatisch prägen können.
Dorcsi hat dafür auch den Begriff der Diathese
eingeführt, worunter die angeborene und erworbene Organschwäche
und Systemminderwertigkeit, die angeborene und erworbene Krankheitsdisposition
und Krankheitsbereitschaft, bzw. die Tendenz und Dynamik des
Krankheitsprozesses eines Individuums verstanden wird (= das
Krankhafte).
Ein Miasma ist immer ein krankhafter Zustand, ererbt oder
erworben, der insbesondere durch wiederholte Unterdrückung
vertieft und dauerhaft wird sowie unbehandelt den Kranken
bis an sein Lebensende quält.
Hahnemann führte alle chronischen Erkrankungen
auf drei Miasmen zurück, die er Psora, Sykose und Syphilis
nennt. Allen nahm die Tuberkulinie als viertes Miasma
dazu.
Entscheidend ist jedoch in diesem Zusammenhang, dass Hahnemann
unter diesen Begriffen nicht die klinischen Erscheinungen
der genannten Krankheiten verstand, sondern eine besondere
Form der Anfälligkeit, der Prädisposition. Die Reaktionsweisen
und Veränderungen lassen sich zwar von den bezeichnenden
Krankheiten ableiten, sind aber nicht unmittelbar an diese
gebunden. Jedem der Miasmen liegen bestimmte Reaktions- und
Verhaltensweisen zugrunde und dementsprechend konstitutionelle
Prägungen. Das einzelne Individuum, Mensch oder Tier,
hat Zeichen und Symptome, die auf das Miasma oder eine miasmatische
Belastung hindeuten.
In einem Patienten kann ein Miasma vorhanden sein oder es
vereinigen sich Anteile mehrerer Miasmen, jeweils in verschiedenem
Masse. Analog zeigen sich in den homöopathischen Arzneimittelbildern
Anteile der unterschiedlichen Miasmen, auch hier jeweils in
unterschiedlicher Ausprägung. Daher muss der Homöopath
Kenntnisse der Zuordnung von Zeichen und Symptomen am Tier
zu einem Miasma erworben haben und die Arzneien bestimmten
Miasmen zuordnen können.
Hahnemann bestimmte die für jedes Miasma hauptsächlich
wirksame homöopathische Arzneien seiner Zeit, nämlich
z. B. Sulphur gegen Psora, Thuja gegen Sykose und Mercurius
gegen Syphilis. Nur wenn das Ur-Übel durch die gewählte
Arznei erfasst wird, kann die ganze Krankheit geheilt werden.
Das Ur-Übel wird nur durch vollständige Symptome
unter Beachtung der gesamten Krankheitsentwicklung, der Lebensgeschichte
des Patienten (Verhaltenssymptome, Allgemeinsymptome, Lokalsymptome,
individuelle Vorgeschichte), was als sekundäre Miasmatik
bezeichnet wird, und auch der familiären Vorgeschichte
(= primäre Miasmatik) erfasst.
Nicht der gegenwärtig vor Augen liegende Krankheitszustand
allein ist wichtig, sondern das, was sich durch die Biographie
des Patienten zieht.
Ausschließlich durch eine genaue Anamnese und viel homöopathische
Erfahrung kann das der chronischen Krankheit zugrunde liegende
Miasma erfasst und eine dementsprechende Arznei gefunden werden,
wodurch erst eine Heilung erfolgen kann. Andernfalls kommt
es nur zur symptomatischen Therapie, wobei es meist nur zur
Symptomenverschiebung - wenn nicht gar Verschlechterung -
kommt.
*) Text zum Großteil aus dem "Skriptum
an die Veterinärmedizinische Universität Wien von
Peter Knafl" mit Genehmigung des Urhebers entnommen
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